WARUM BESTIMMTE ERZIEHUNGSVERWIRKLICHUNGEN UNENTBEHRLICH SIND

 

 

Das Fehlen von Gesetzen und legaler Bestimmungen innerhalb der verschiedenen Länder stellte ein beträchtliches Hindernis zur Einführung adäquater Erziehungsvorrichtungen dart: man weiß heute, daß die Schaffung einer ausreichenden Rechtsinfrastruktur eine notwendige Bedingung desFunktionierens irgendeiner Wirtschaft ist, sobald diese Übermittlungen und einen Markt umfaßt. Dies betrifft natürlich auch Wirtschaft der Erziehung. Unsere Erfahrungen auf dem Gebiet der Überbegabten sind indieser Hinsicht ziemlich beredt. Verträge ohne Gesetze sind ungenügend. Außerdem sind sie sogar manchmal schwierig zu erstellen, da das Sich-Investieren, wegen der doch legal noch etwas abenteuerlichen Lage, einen Flüchtigkeitcharakter haben kann.

In dieser Hinsicht bildet die Empfehlung 1248 des Europarats an die Mitgliedstaaten - die Erziehung der Überbegabten betreffend - einen Vormarsch ohneggleichen im Bereich der Erziehung dieser Kinder. Der Text dieser Empfehlung steht in § 11 dieser Broschüre. Es ist dies auf dem Niveau des europäischen Kontinents oder der nationalen Gesetzgebungen - in Verbindung mit der privaten oder öffentlichen lokalen Initiative - einer der zwei Innovationspole, deren Konjugation einzig die Wirksamkeit gewährleisten kann.

Der privateste Pol besteht in der erzieherischen Übernahme des sozio-familiären Milieus und hat eine sehr große Bedeutung für eine Entwicklung der Persönlichkeit dieser Kinder, die unbedingt ihre Freude gewährleisten muß. Ihre Freude ist eine Tatsache, deren Indikatoren im Milieu der Familien sichtbar sowie besonders empfindlich und bemerkbar sind.

Das Gleichgewicht ist ein anderes Kriterium für die Formulierung der Bedürfnisse und die Konzeptualisierung. Dennoch bleibt es schwer, eine Formel zu Dosierungen und Kompensationen festzulegen: die schon erwähnte Isauxie - "die gleiche Entwicklung" - ist nicht die Regel. Außerdem ist der jugendliche Eifer nicht immer mit der Stille oder der Ruhe, und dies in einer bewegten Welt, vereinbar.

Die Familie ist das wichtigste Entscheidungsgremium, was das Los der Kinder anbetrifft: deshalb muß sie auch besser über diese Probleme informiert sein und aufgefordert werden, an deren Lösung mitzuarbeiten. Die Resultate einer Studie von achtzehn Jahren in einer Einrichtung von sanitärem und sozialem Charakter, welche Kinder von 6 bis 14 Jahren betreut, die in ihrerMehrheit intellektuell überbegabt sind, liegen vor. Etwa dreiviertel der Kinder dieser Schule, die sich in gestörter gefühlsbetonter Lage in ihrer Familie und/oder ihrer Ursprungsschule befinden, hatten verschiedenartige Störungen: Verhaltensstörungen zu Hause und in der Schule, besonders psychologische, psychosomatische oder somatische.

 

ZumZeitpunkt ihres Eintritts in diese Einrichtung litten fünfundsechzig Prozent unter ihnen unter einer schweren Inhibition der intellektuellen Leistungsfähigkeit. Die geleistete Pflege zeigte, daß ihre Inhibition gerade ihr intellektuelles Niveau betraf und daß der edrlittene Verlust des Intelligenzquotients beträchtlich sein konnte. DieLängsbeobachtung konnte zweifelsfreie sachdienliche Daten zu den hier aufgqworfenen Fragen und den Beziehungen der Familie mit der Schule und mit den Überbegabten liefern. Diese Beziehungsanalysen beinhalten auch jene der früheren überbegabten Schüler mit der Wirklichkeit sowie jene mit ihrer Nachkommenschaft, falls vorhanden.

Eurotalent legt besonders Wert auf die Entwicklung und die Koordinierung von langfristigen Untersuchungen dieser Art, ohne die Arbeitsergebnisse klinischer Beobachtung, sei sie individuell und durch eine Gruppe zustande gekommen, zu vernachlässigen. Dort entsprießen selbstverständlich die Fragen, die Hypothesen und die experimentellen Arbeiten, die die Variablen und Mechanismen hervorheben und herausarbeiten. Sie dienen auch manchmal der Demonstrierung - in weiterbildender Zielsetzung - für Spezialisten und Lehrer der Begabungswissenschaft.

Die Inhibition der Fähigkeiten und die Begrenzung ihrer Umwandlungen in vielfache, heterogene und ergänzende Talente bleiben zweifellos - auf diesem Gebiete - die größte Plage unserer Zeiten, wenn man auch feststellen kann, daß diese Inhibition und diese Begrenzung zweifellos im Nachlassen begriffen sind. Der intellektuelle Malthusianismus ist doch, auch wenn einige das Gegenteil behaupten, ziemlich im Rückgang. Man sollte diesen - teilweise regionalen - Zustand zu nutzen wissen. Die Demokratie ist unabdingbar und unentbehrlich für die Bekämpfung der weitverbreiteten unterschiedlichen verschwenderischen und sterilisierenden Bestechungen, und bedingt , ebenso wie der technische Fortschritt, den Massenunterricht. Dieser Unterricht muß kompatibel mit der Individualisierung der Bildung gemacht werden. Dieses impliziert eine profunde Reorganisierung der Erziehungsstrukturen, seien sie grundausbildende oder weiterführende.

Die Lehrer können in all ihren menschlichen Kapazitäten nur durch die massive und gut beherrschte Anwendung der multimedialen und industriellen Kommunikationshilfsmittel in ihrer lernbegleitenden Funktion hinsichtlich der Vielfalt von Schülern, seien sie Kinder oder nicht, befreit werden.

 

Schon das Buch befreite vom Meister und von der möglichen Tyrannei des Meisters als einzige Autorität nur: vom früheren Guru . Aber es befreite auch den Meister oder die Meister für umgangsfreundlichere und menschlichere Beziehungen. Dies setzte einerseits die Vielzahl der Bücher, die das Druckwesen erlaubt hatte, voraus, ar aber auch andererseits deren Folge. Sie beendete aber auch das furchtbare Monopol des Buches, des einzigen Buches, das durch die ambivalente Formel von Thomas von Aquino gleichermaßen gelobt und verdammt wurde: "Der Mensch nur eines einzigen Buches macht mir Angst". Der Autor der Summa theologica fürchtete besonders in der Meinungsdiskussion die unglaunbliche Sicherheit der Dogmatik. Andere leiteten von seiner Formel besonders die Gefahr der Monopolisierung des Denkens und der daraus resultierenden Handlungen aus nur einer Quelle für den Leser und dessen Handlungsvermögen ab.

Die Entwicklung geht weiter: nicht auf eine Ablösung des Buches noch des Meisters ( Lehrers) zielend: es wird weder eine Ablösung der Bücher noch der Lehrer geben. Es wird aber eine Befreiung der Lektüre und mehr denn je des Lehrers durch einen Rückgriff auf die Kommunikationsmaschinerie, unter anderrem auch durch interlinguistische und internationale Vernetzungen, geben. Einer der in Europa am verbreitesten Träume : der freie individuelle Zugang zur Dokumentation und zur Zwischensprachlichkeit, so wie er von Raymond Lulle, von Leibniz-Pangloss und den Enzyklopedisten geträumt wurde, ist im Begriffe, in Erfüllung zu gehen.

Die oligarchische Aneignung des Know-How ist seit langem die wahre Ursache der Machtausübung der herrschenden sozialen Kräfte: es wird vielleicht bald möglich werden, daß jedermann sich gleichermaßen dieses Wissen aneignen kann. Und es ist zweifellos diese Informationsüberfülle, die schnell Sättigung bewirken kann, auf die die Ausbildung von nun an durch spezifische Begabtenlehrgänge und ausgewählte Lehrmethoden vorbereiten muß. Grundlagenforschung wird sich mit der Ausarbeitung dieser Lehrmethoden beschäftigen müssen.

 

Es sind innerhalb der Organisation Eurotalent russische Forscher, die in diesem Gebiet wahre Vorläufer sind, die die internationalen Überlegungen zu diesem Thema innerhalb Eurotalents bestimmt haben: die Verwirklichungen hängen hauptsächlich von einer angemessenen Logistik ab.

Es bleibt noch, aus dem vorher Erwähnten, hervorzustreichen, daß die Ausspezialisierung der Bildungsmethoden im Hinblick auf die vielfältigen Begabungen und Hochbegabungen nicht ohne einen Fortschritt in der pädagogischen Sozialisierung der individuellen Arbeiten, in dem Erlernen ihrer Koordinierung und ihrer Komplementaritäten sowie in der Gegenseitigkeit von Hilfestellungen innerhalb der Gruppen von Kindern,von Studenten oder von Praktikanten gehen kann.

Es bleibt noch zu unterstreichen, daß es das pluridimensionnelle Angehen der Überbegabung ist, das immer wichtiger werden wird und in die Regulierung des Wetteifers zwischen Schülern, Studenten und Gruppen eingreifen kann.

Sicherlich wird eine diesbezügliche Ausbildung der Lehrer eine Veränderung des Lehre-Schüler-Verhältnisses bewirken: vom alleinigen Wissensverteiler - der er eigentlich schon nicht mehr ist und immer weniger werden wird - wird er zu dessen Berater auf dem Wege zur Kultur hin.

Ein wesentliches Erziehungsrisiko liegt immer am unangepaßten Charakter der gleichmäßig vereinheitlichten schulischen Methoden, welche für alle dieselben Programme,dieselben Arbeitsrhythmen, dieselben pädagogischen und didaktischen Verfahren implizieren. Feststellen kann man diese Unzulänglichkeiten auf auf allen Ebenen, im Kindergarten, in der Grundschule, in der Sekundarstufe I und II, im Gymnasium und sogar in der Universität.

Aber auch die gegenseitige Anpassung, spielt eine immer entscheidendere Rolle in der Entwicklung des Erziehungssystems an der Basis, nämlich in den Lehranstalten. Diese gegenseitige Anpassung ist auch jene der Lehrer untereinander, jene des einen an den anderen sowie jene der Organisatoren dieser Anpassungen: den Verwaltern und denspezialisiertenMitarbeitern. Sie ist die wesentliche Ausbildung: vor Ort , aber spezifisch organisiert und erweitert um Erfahrensaustausch zwischen den Lehrstandorten. Dieselbe Art vonProblem stellt sich auch auf höherer Stufe und ist zweifellos mit umso größeren Schwierigkeiten verbunden als die Einsätze höher liegen.

Schließlich war der Soziologe Emile Durkheim sechsundzwanzig JahreUniversitätsprofessor in Pädagogik und Erziehung (Bordeaux, 1887-1902, Paris, 1902-1913), bevor er Professor für Soziologie,vier Jahre vor seinem Tod (1917) und ein Jahr vor dem ErstenWeltkrieg, wurde. Es ist erstaunlich, daß , geschult am Nominalismus des Emile von Rousseau mit der eigenartigen Beziehung zwischen dem Meister und dem Schüler, Durkheim paradoxerweise so stark alles bekämpfte, was in seinen Augen das Primat der Gesellschaft über das Individuum in Frage stellen konnte und so das Risiko einer Psychologisierung und einer Physiologisierung der Sozialwissenschaften und der Pädagogik durch eine pädagogische Politik hätte schaffen können. Dies tat er, indem er das medizinische Vokabular benutzte und von " kranken Gesellschaften" sprach. Hier stellen wir therapeutischen Wettbewerb in einem Bereich, wo der Begriff der Gesundheit nicht definiert werden kann, fest, ebenso wenig wie die Begriffe der Freude oder des Glücks. Dies, obwohl man ja nur eine gesammte gesellschaftliche Konzeption erstellen kann, indem man diese soziopsychologischen Inhaltskonzepte integriert.

Aber es ist stimmt dennoch, daß mangels einer Berücksichtigung der globalen sozialen - und auch weltweiten Strukturen - die Zukunft der Kinder nicht geplant werden könnte. Mehr noch, es könnten auch die Art und Weise, wie die Kinder und die Jugendlichen diese Zukunft erfühlen und erahnen, nicht erarbeitet werden. Es ist diese Sicht auf die Zukunft der Kinder, auf die Herausforderungen, denen sie begegnen müssen, die - ob man es will oder nicht -, weltweit allen erwachsenen Lehrer aller Gesellschaften zu Grunde liegt. DiesesAngebot kann nur dauerhaft und tiefgründig sein, i.e. die Entwicklung der Begabungen der Jugendlichen und weniger Jugendlichen zu herauszufordern, wenn sie es erreicht, sich ihren grundlegendenForderungen anzupassen und ihnen ein Gefühl von Entfaltung, das heißt Genugtuungs vermittelt. Es gibt also eine stetige Angebots- und Nachfrageanpassung, die man ständig gewährleisten und verwirklichen muß. Dies muß in einem Vorgang , in dem es notwendig ist, ständig auch die Fehler und die Mängel aufzudecken, passieren. Dieses ständige Sichanpassen richtet sich sicherlich nicht in seiner Ganzheit nach den Regeln der Marktgesellschaft.

Schließlich muß die Erkenntnis der Wege, auf denen der Mißerfolg oder der schulische und nachschulische Erfolg der besonders begabtenKinder vorkommt, dazu dienen, auch jenen der anderen Kinder zu verstehen zu helfen. Das Problem der Erziehung der überbegabten Kinder ist insoweit wesentlich, da es auch Erkenntnisse für die Erziehung im allgemeinen bringt. Die Erziehung der Überbegabten ist jetzt ein echtes Laboratorium für die Pädagogik in ihrer Gesamtheit geworden.

Die Organisation Eurotalent bemüht sich, diese wesentliche Eigenart ihres Vorgehens auf die Prüfung oder den Entwurf aller Aktionen anzuwenden, mit denen sie zu tun haben kann.